N

Novemberbaby, für deine Geburt fehlen mir immer noch die Worte. Denn eigentlich war doch alles so klar. Ich kenne deine Familie schon. Auch die Ankunft deines jüngsten Bruders durfte ich begleiten. Du bist der Vierte im Bunde. Es ist wieder Geburt. Das gleiche Geburtshaus. Die selbe Hebamme. Meine größte Sorge: rechtzeitig da sein! Wer weiss schon wie schnell so ein viertes Kind ist?

Als deine Mama anruft sagt sie: „Heute ist doch ein guter Tag um geboren zu werden.“ Auf jeden Fall! Wir haben ja schon gewartet. Ich beeile mich, es ist noch früh. 

Im Geburtshaus höre ich schon das Wasser rauschen. Dein Bruder wurde in dieser Wanne geboren. Als ihr ankommt werden die ersten Wehen noch auf dem Parkplatz veratmet. Geburt. Dieses Mal ganz sicher.

Es kommt Wehe um Wehe. Keine Position bringt Erleichterung. Stehen, Bett, Wanne, Boden. Starke Wehen. Und Unruhe. Irgendetwas ist anders. Es klingt nach kurz vor Geburt, aber deine Mama kann dein Köpfchen noch nicht tasten. Sie braucht ein Ende und das ist noch nicht in Sicht. Auch du reagierst. Und deine Hebamme trifft die Entscheidung: wir schauen in der Klinik weiter. Irgendetwas ist dieses Mal einfach anders.

Neue Unruhe. Anziehen. Einpacken. Deine Hebamme wird deine Mama begleiten, ich werde deinen Papa zur Klinik fahren. Es kommen Krankenwagen und Notarzt, deine Mama macht sich auf den Weg zur Verlegung. Dein Papa und ich gehen schon los. Mitten auf dem Parkplatz hören wir ein „Jetzt!“ und drehen um.

Mein erster Gedanke: Das kann doch nicht sein, das gibts doch nur im Film. Deine Mama steht auf dem Hof, gestützt und zitternd, Anfang November. Und dein Kopf ist schon geboren. In einer kraftvollen Wehe, mitten auf dem Parkplatz. Umringt von orangefarbenen Uniformen und Blaulicht. Deine Hebammen sind da, halten, leiten. „Warme Tücher!“. Postitionswechsel. Und dann wirst du geboren. Auf der Trage auf dem Hof. Tücher, rubbeln, und gefühlte Ewigkeiten später: dein erster Schrei. Da bist du. Im November. Auf dem Hof. Und alles ist gut. Du kommst auf Mamas Brust. Und ihr kommt zurück ins Warme. Erschöpfung, Erleichterung und diese unglaubliche Liebe. 

Plazenta, Stillen, U1. Hier kommt sie, die Routine, das Gewohnte. Du bist ganz ruhig. Und ganz aufmerksam. Ganz intensiv schaust du deine Mama an. Und deine Mama strahlt.

Auch das ist Geburt. Mein Herz pocht, wenn ich daran denke. Geburt ist nicht planbar. Aber auch hier, im Freien, auf der Trage des Rettungsdienstes, funktioniert Geburt. Du wurdest gesehen, begleitet und sicher geboren. Du hast eine starke Mama, einen ruhigen, Kraft gebenden Papa.

Und ich halte mich an die Worte deiner Mama: Es ist alles gut. 

 

Geburt im Freien in Lübeck

MENÜ SCHLIEßEN